Lichtsignale aus dem Burgenland in die Welt

25 Jahre SWARCO in Neutal werden gefeiert
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Der Auslöser

Wir schreiben das Frühjahr 1999. Die SWARCO FUTURIT-Geschäftsführer Friedrich Peter Hofstadler und Franz Silhengst haben allen Grund zu feiern, stehen aber ab sofort auch vor besonderen Herausforderungen. Damals war die Entwicklung und Produktion der Signalgeber der Firma Signalbau Huber, die zur Bosch-Gruppe gehörte, bereits zu SWARCO FUTURIT verlagert worden.

​​​​​​​Und soeben wurde mit der deutschen Mitbewerberfirma Siemens eine vertragliche Vereinbarung getroffen, die Produktion von deren Ampeln künftig ebenfalls an SWARCO outzusourcen. Dadurch avanciert SWARCO zum größten Ampelhersteller der Welt. Dafür ist allerdings der bisherige Ampelproduktionsstandort im niederösterreichischen Amstetten, dem Geburtsort von SWARCO und Sitz einer Glasperlenfabrik, zu klein. Das Auftragsvolumen für SWARCO steigt dermaßen, dass es Sinn macht, über eigene Spritzgusskapazitäten für die Kunststoffteile der Ampeln nachzudenken. Kurzum: Wir brauchen mehr Platz und müssen neu und größer denken.

Da in Amstetten die räumlichen Gegebenheiten für den Zu- oder Ausbau des Werkes begrenzt waren, bringt SWARCO-Gründer Manfred Swarovski einen neuen Vorschlag ins Spiel: Bauen wir doch einfach auf der grünen Wiese ein völlig neues Werk, das den gestiegenen Anforderungen entspricht und SWARCO für die Zukunft rüstet. Nennen wir es „Kompetenzzentrum Visuelle Information“ der SWARCO-Gruppe. Er hätte auch schon eine Idee, wo das sein könnte, nämlich im kleinen 1000-Seelen-Dorf Neutal im Mittelburgenland ca. 90 km südlich von Wien. Sein Freund und damaliger burgenländischer Landeshauptmann Karl Stix hatte schon mehrfach versucht, ihn für den Wirtschaftsstandort Burgenland, damals ein strukturschwaches EU-Ziel1-Gebiet mit besonderen Förderungen, zu begeistern. Nach reiflicher Überlegung entschied man sich, diesen Schritt in das östlichste Bundesland Österreichs nahe der ungarischen Grenze tatsächlich zu setzen. Doch ein einfacher Weg wurde es nicht. Es lauerte so manche Herausforderung, die es zu meistern galt. Zumindest die Anbindung Neutals über die gerade neu gebaute S31 Burgenland-Schnellstraße erwies sich dabei als verkehrstechnischer Vorteil.


Bild: Die Masterminds hinter dem Neutal-Bauprojekt: die damaligen SWARCO FUTURIT-Geschäftsführer Franz Silhengst (l.) und Friedrich Peter Hofstadler.

Bild: Sorgten gemeinsam für die Stärkung des Wirtschaftsraums Mittelburgenland: der damalige burgenländische Landeshauptmann Karl Stix und SWARCO-Gründer Manfred Swarovski.

Besondere Herausforderungen

Man stelle sich die Reaktionen vor, als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der damaligen Ampel- und Wechselverkehrszeichen-Fertigung im niederösterreichischen Amstetten die Nachricht bekamen, dass ihr Arbeitsplatz künftig über 200 Kilometer weiter südöstlich im Burgenland sein wird. In der Tat waren nur die wenigsten – genauer gesagt ganze zwei Kollegen – bereit, ihr angestammtes Zuhause in Niederösterreich zu verlassen und Pionierarbeit im Burgenland zu leisten. Die Konsequenz: Aufbau und Einschulung eines völlig neuen Personalstamms im Burgenland. In SWARCO FUTURITs damaliger Management-, Vertriebs- und Verwaltungszentrale in der Zichygasse im 14. Wiener Bezirk freundete man sich schneller mit dem Gedanken an, ab sofort öfters ins Burgenland und zurück zu pendeln.

Die nächste Herausforderung: Planung eines neuen Werkes von Null an. Was muss das neue Werk leisten? Welche Kapazitäten brauchen wir? Welche Arbeitsabläufe sind zu berücksichtigen? Wie baut man größere Spritzgusskapazitäten auf? Was ist alles beim Umzug von Amstetten nach Neutal zu berücksichtigen? Franz Silhengst, damals mit Friedrich Peter Hofstadler das Mastermind hinter dem Neubau, erinnert sich:

„Als wir 1994 von der Altmannsdorfer Straße in Wien-Liesing an den Produktionsstandort Amstetten umzogen, passte unser Umzugsgut in zwei Sattelzüge. Beim Umzug von Amstetten nach Neutal waren dann gut 30 Sattelzüge erforderlich. Und ebenso viele, um die Siemens-Ampelproduktion nach Neutal zu übersiedeln.“

In der Oberwarter Firma Unger Stahlbau fand man einen passenden Partner, die Werksgebäude zu errichten. Es geht um Produktionshallen für Ampel- und Wechselverkehrszeichenfertigung, Spritzgussmaschinen und Lager. Aber auch die Logistikzone mit Andock-Rampen für die Speditionen, der Empfang, Büroräume, Sozialräume, Konferenzräume, eine kleine Produktschau, Parkplätze, Lichtmessraum und Nassraum für die Qualitätssicherungsprüfungen, ja sogar der Löschwasserteich waren mitzubedenken.

Ein weiterer arbeitsintensiver Meilenstein: Parallel zu den Bauarbeiten wird auch das ERP-System SAP auf den neuesten Stand gebracht, und zwar so, dass die Auftragsbearbeitung nahtlos möglich bleibt und nicht stockt.

1999 kam noch eine besondere Facette hinzu: das Y2K-Problem, auch Millennium-Bug genannt. Die Befürchtungen waren damals groß, dass mit dem kalendarischen Wechsel ins Jahr 2000 Computer nicht mehr funktionieren würden. Das Y2K-Problem war ein potenzieller Computerfehler, bei dem Programme Jahreszahlen nur zweistellig (z.B. „99“ für 1999) anstatt vierstellig (z.B. „1999“) speicherten, um Speicherplatz zu sparen. Beim Übergang vom 31. Dezember 1999 zum 1. Januar 2000 interpretierten manche Computer das Jahr „00“ fälschlicherweise als 1900 statt 2000, was zu Fehlfunktionen führen konnte. Durch massive globale Anstrengungen zur Behebung der Software und Hardware gab es jedoch nur wenige und geringfügige Störungen, als das Jahr 2000 anbrach.

Bild: August 1999: Die Bagger beginnen, das Wiesengrundstück für den Werksbau vorzubereiten.

Bild: Die Ampel- und Wechselverkehrszeichen-Fabrik im Jahr 2005.
Der Bau

Schon im August 1999 fuhren die Baufahrzeuge in Neutal auf, um ein sehr rasch verfügbares 40.000-Quadratmeter-Grundstück zu planieren und für den Werksbau vorzubereiten. Just am 11. August, als der erste Bagger auf die Wiese einfuhr, wurde es dann kurzzeitig ziemlich dunkel: Es gab das seltene Phänomen einer totalen Sonnenfinsternis zu beobachten. Die Bauarbeiten schritten anschließend sehr rasch voran, und so konnten nur fünf Monate später schon die Gebäude bezogen und der Innenausbau forciert werden. Schon im Januar 2000 begann man, die Büroinfrastruktur und IT-Landschaft ins Laufen zu bekommen. Nach und nach wurden Spritzgussmaschinen der Fa. Engel installiert mit Schließkräften zwischen 75 und 700 Tonnen und Spritzgewichten von 10 bis 3500 Gramm. Die Produktion von Ampeln und Wechselverkehrszeichen nahm Fahrt auf. Im Jahr 2000 umfasste die überbaute Fläche des Werkes 5.600 m2. Diese wuchs durch Erweiterungen in den Jahren 2004, 2008 und 2011 auf heute 11.700 m2.

Im Jahr 2000 betrug der Mitarbeiterstand in Neutal 108 Kolleginnen und Kollegen. Nach und nach wurde SWARCO damit zum größten Arbeitgeber in Neutal und der Region und brachte so wirtschaftlichen Aufschwung ins Mittelburgenland. Heute arbeiten rund 200 Kolleginnen und Kollegen in Neutal im Drei-Schicht-Betrieb.


Bild: Ein Blick in die Halle der Spritzgussmaschinen, in denen zahlreiche verschiedene Polycarbonat-Komponenten entstehen.
Bild: Erfinderisch: Wenn die Kaffeemaschine mit einer Ampel der etwas anderen Art gekoppelt wird.

Eröffnung

Am 29. September 2000 war es dann so weit: Die Belegschaft und zahlreiche Geschäftspartner aus dem In- und Ausland versammelten sich zur feierlichen Werkseröffnung in Neutal mit Gebäudesegnung, Grußadressen aus Politik und Wirtschaft und natürlich kulinarischer und musikalischer Umrahmung. Die Eröffnung des Standortes war ein Meilenstein für die Region und Zeichen einer partnerschaftlichen Beziehung zwischen SWARCO und der lokalen Gemeinschaft, wie u.a. der damalige Landeshauptmann Karl Stix, Neutals Bürgermeister Josef Thiess, Manfred Swarovski und die SWARCO FUTURIT-Geschäftsführer Friedrich Peter Hofstadler und Franz Silhengst gegenüber den Medien betonten.

Bild: 2007 besuchte der damalige Infrastruktur-Minister und spätere Bundeskanzler Werner Feymann (Mitte) das Werk Neutal. Mit dabei: Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (2. v.l.), Manfred Swarovski (r.) und Michael Schuch (2. v.r.).
Bild: Bundespräsident Heinz Fischer inspiziert höchstpersönlich die gerade assemblierte Ampel.

Technologien im Wandel

Die vergangenen 25 Jahre waren auch technologisch rasant. Weiter gestiegene Auftragsvolumina erforderten die schrittweise Erweiterung der Produktionsflächen.

„Bislang manuell unterstützte Fertigungsschritte – wie z.B. die Bestückung der Wechselverkehrszeichen-Matrixplatten mit optischen Linsen – wurden automatisiert“, erklärt Werksleiter Artur Schubert. „Heute sorgen Roboter für die exakte Setzung der Linsen und den richtigen Einpressdruck.“

Die einzigartige von SWARCO entwickelte Optik der WVZ ist inzwischen international patentiert und hilft, die Lebensdauer der LED-Anzeigen stark zu verlängern, wodurch die Abnehmer der WVZ auf einen sehr vorteilhaften Total Cost of Ownership vertrauen können.


Prozess-Automatisierung
Initially, a traffic light with all its components was fully assembled by one person. Today, assembly lines significantly shorten the production time for a signal head.

At the turn of the millennium, there was a ground-breaking technological advance. At that time, LEDs became bright enough to be used as a light source in signal heads and variable message signs. This meant that the incandescent or halogen bulbs previously used in traffic lights were replaced. In the case of variable message signs, the previous fibre optic technology, in which the central light from a halogen bulb was transported via hundreds of fibre optic strands to the lenses on the matrix panel, was abandoned in favour of energy-efficient LED technology.

„Waren bei Ampeln anfangs für ein Rot, Gelb oder Grün noch Cluster von 180 LEDs nötig, um die normgerechte Lichtstärke zu gewährleisten, so verlassen das SWARCO-Werk heute Ampeln, deren Licht mit nur noch einer oder zwei LEDs erzeugt wird“, weiß SWARCO FUTURIT-Geschäftsführer Artur Pesendorfer.

„Über die Jahre ist es den LED-Produzenten gelungen, immer mehr Lumen pro Watt mit einer LED zu erzielen. Moderne LED-Ampeln mit ihrem gegenüber den herkömmlichen Lichtquellen mehr als 95% geringeren Energiebedarf tragen heute stark zur Senkung der Betriebskosten für Verkehrsinfrastruktur der Städte bei.“

Mit Ausnahme des Modells AluStar fertigt SWARCO ausschließlich Ampeln aus Kunststoff, bei deren Montage der Servicetechniker nur noch etwa 4 kg bei einer 3-Kammer-Ampeln zu „stemmen“ hat. Im Werk Neutal werden jährlich über 800 Tonnen robustes Polycarbonat in den 15 Spritzgussmaschinen zu Ampel- und WVZ-Komponenten geformt, wie z.B. Linsen, Gehäuseteile und Auslegearme.

„Mit der im Jahr 2008 entwickelten schlanken FUTURA entstand die erste ökodesignte Ampel mit einer Lebenszyklusbetrachtung von der Wiege bis zur Bahre“, erinnert sich Artur Pesendorfer. „Ein Verkaufsschlager, denn bis heute haben wir mehr als eine halbe Million Einheiten davon in alle Welt exportiert.“

Bild: Aus Neutal auf dem Weg nach Australien: Die überdimensionalen LED-Wechselverkehrszeichen für das Verkehrsleitsystem rund um den Flughafen Sydney bei der Abholung im Jahr 2018.
Bild: Installation am Flughafen Sydney.

Die Welt – unser Markt

SWARCO FUTURIT war schon immer ein sehr exportorientiertes Unternehmen. Die Geschäftspartner im Business-to-Business-Geschäft sind vor allem Systemintegratoren und Straßenbetreiber, die die Ampeln und Wechselverkehrszeichen in städtische Kreuzungen bzw. Autobahn-, Tunnel- oder Parkleitsysteme einbauen. Die in Neutal gefertigten Produkte sind in mehr als 80 Ländern von Island bis Südafrika und von Großbritannien bis Neuseeland verlässliche und geschätzte Unterstützer der Verkehrssicherheit und Teil umweltschonenden Verkehrsmanagements.

„Einer der spektakulärsten Momente ereignete sich im Jahr 2018, als Tieflader in die Werkshalle fuhren, um die riesigen, 22 Meter breiten und 3 Meter hohen Wechselverkehrszeichen mit je 750.000 LEDs für den Flughafen Sydney in Australien abzuholen, die größten WVZ der südlichen Hemisphäre“, sagt Artur Schubert nicht ohne Stolz.
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Modernisierung, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein

Nach einem Vierteljahrhundert erfolgreichen Wirtschaftens im Burgenland ist es an der Zeit, eine Modernisierung des Werksstandortes vorzunehmen, um für die Zukunft gut gerüstet zu sein. Mit dem Spatenstich am 26. August 2024 wurde eine grundlegende Renovierung und Aufwertung des Standorts Neutal angestoßen, wobei der Betrieb uneingeschränkt weiterläuft. Attraktive Büroräumlichkeiten auf dem neuesten Stand der (Energie-)Technik sowie neu gestaltete Sozial- und Aufenthaltsräume im Fertigungs-, Büro- und Außenbereich sind in den letzten zwölf Monaten entstanden. Baulich gibt es nun eine klare Trennung des Mitarbeiterbereichs vom Gästebereich. Nicht zuletzt wurden ausreichend Parkmöglichkeiten für Mitarbeiter und Gäste inklusive moderner Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge geschaffen.

In letzter Zeit setzte das Unternehmen vor allem Investitionen mit Nachhaltigkeitscharakter um. Eine 1 MWp-Photovoltaik-Anlage produziert in Neutal genügend Strom, um damit die eigenen Anlagen fast autark zu betreiben. Die Abwärme der hauseigenen Spritzgussmaschinen wird genutzt, um die Gebäude an der Firmensitzadresse Manfred-Swarovski-Str. 1 in Neutal zu beheizen. Im Fertigungsbereich und den Büroräumen sorgt eine intelligent gesteuerte LED-Beleuchtung für weitere Energieeffizienz und trägt deutlich zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks des Standortes bei.

SWARCO hat kürzlich COMBIA CIRCULAR auf den Markt gebracht, die erste Kunststoffampel, die aus recyceltem Polycarbonat gefertigt wird. Die COMBIA CIRCULAR ist ein wichtiger Schritt in Richtung CO2-Reduzierung, Abfallvermeidung und Lebenszyklusoptimierung, ohne dabei die bekannte Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der COMBIA-Ampeln zu beeinträchtigen. Und am Ende ihrerLebensdauer sind alle Komponenten nach Materialart trennbar und auf das Recycling ausgelegt.

Am 24. September 2025, also ziemlich genau 25 Jahre nach der Eröffnungsfeier, begeht SWARCO im Beisein von Aufsichtsrat, Vorstand, Lokalpolitik, Architekten, Baufirmen und zahlreichen nationalen und internationalen Geschäftspartnern die Wiedereröffnung des modernisierten Standortes, der sich immer mehr zu dem Produktions-Hub für SWARCOs ITS-Geschäft entwickelt. Für die Belegschaft gibt es zwei Tage später einen großen Familien-Event.

Bild: Eine neue Arbeitsatmosphäre im Bürotrakt, u.a. mit höhenverstellbaren Tischen.
Bild: Modernes Design trifft auf Funktionalität: die neuen Besprechungskojen.

25 Jahre SWARCO in Neutal stehen für Fortschritt, Gemeinschaft und unternehmerischen Mut. Die Erfolgsgeschichte zeigt, wie Technologie und Engagement das Leben einer Region bereichern können. Mit Blick auf die Zukunft bleibt SWARCO der Überzeugung treu, dass nachhaltige Entwicklung, Innovationskraft und soziale Verantwortung die Grundlagen für weitere Jahrzehnte der Erfolgsgeschichte bilden.

In Neutal wächst, entwickelt und vernetzt sich SWARCO – und schreibt dabei weiter an einer Geschichte, die den Verkehr von morgen mitgestaltet.
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Bild: Der neu gestaltete Eingangsbereich.